Gereon Heil –
„Farb-Schatten-Gestalten“

Die gegenständliche Bildwelt des Malers Gereon Heil verblüfft durch eine extreme Anschauung der perspektivischen Darstellung. Der Künstler und damit auch der Betrachter scheinen von einer Anhöhe aus oder aus einer Drohne heraus die Welt zu sehen. Eigentümlich anmutende menschliche Darstellungen und Landschaften sind das Sujet dieser Malerei. Schon in der Renaissance haben sich Künstler mit der perspektivischen Verkürzung beschäftigt,  um eine möglichst große Raumillusion auf die Fläche zu projizieren, wie in extremer Form im Manierismus bei Mantegna oder in den Deckenfresken der Kirchen und Schlösser zu sehen ist. Schnell wird einem bewusst, dass die Bilder von Gereon Heil kein Abbild der Wirklichkeit sind, denn ungewöhnliche Aufsichten und Verkürzungen prägen die Sichtweise. Die perspektivischen Verkürzungen erweisen sich als freie Entscheidung des Künstlers, die keiner richtig konstruierten Darstellung unterliegen. Auch die Proportionen entspringen der Imagination und sind ein Spiel mit den Formen. Der Gegenstand ordnet sich ganz dem Willen des Künstlers unter.

Modellierende Schatten dienen zwar noch der Plastizität des Dargestellten, sind aber nur grob angedeutet. Die eingefügten Schlagschatten richten sich nicht exakt nach einer Lichtquelle aus, sondern erweitern das Formenrepertoire und sind stellenweise kaum von der Gegenstandsform zu unterscheiden. Gegenstandsform und Schlagschatten über- schneiden und durchdringen sich gegenseitig.

Der expressive Farbeinsatz von Primär- und Sekundärfarben entzieht sich einer naturalistischen Gegenstandsdarstellung, eingesetzte schwarze Konturen grenzen die Flächen ab und erhöhen die Leuchtkraft der Farben. Freigestellte Figuren auf bunter, fast monochromer Grundfläche und die darin liegenden farbigen Schatten steigern zusätzlich die Farbintensität der Komposition. Alles scheint in eine heitere Atmosphäre getaucht.

Die Bilder, in denen sich menschlichen Figuren bewegen, teilweise von floralen Elementen oder auch steigenden Drachen und Luftballons umgeben, erzählen Geschichten, denen der Rezipient folgen kann. Dieses Narrativ macht einen zusätzlichen Reiz aus, der im Einzelnen noch gesteigert wird, indem der Betrachter mit den ihm zugewandten Gesichtern kommunizieren kann. Bewegungsabläufe der Figuren sowie hinzugefügtes Formen-und Farbspektrum geben den Rhythmus der Bilder vor und lassen den Blick über die Komposition gleiten. In den einzelnen freigestellten menschlichen Situations-darstellungen blitzt der Humor des Künstlers Gereon Heil durch, da extreme Haltungen und Perspektiven den Betrachter schmunzeln lassen.

Dagegen zeigen die Landschaftsbilder einen strengeren Aufbau mit reduzierten Formenrepertoires. Beinah kubisch zerlegt sind die dominanten Formen Kreis, Quadrat und variiertes Rechteck der menschenleeren Ansichten einer architektonisch, ländlichen Umgebung. Die Farbpalette und die Aufsicht innerhalb der Bildkompositionen sind den durch Menschen geprägten Bildern gleichgestellt, doch löst sich in diesen Landschaften immer häufiger die Gegenstandsform zugunsten einer abstrakten, fast ungegen-ständlichen, flächigen Malerei auf.

Beide Bildserien zeichnen sich durch eine ganz persönliche Sicht des Malers auf seine ihn umgebende Welt aus. Es sind keine kritischen Stellungnahmen seines Umfeldes, doch geben sie dem Betrachter, auch im übertragenen Sinne, Denkanstöße zu der Möglichkeit verschiedene Standpunkte der Wahrnehmung einzunehmen.

Ingrid Trantenroth-Scholz, Pressetext zur Ausstellung, 2017